3.4.3 Das Freistellungsverfahren
Die Freistellung (nach § 18a BAföG: Einkommensabhängige Rückzahlung) bedeutet keinen Erlass der Raten, sondern eine zinslose Verschiebung der Rückzahlung bei gleichbleibender Ratenhöhe.
Sie sollte laut Rechtslage bis August 2019 längstens für insgesamt zehn Jahre gewährt werden. Doch schon viele Jahre davor wussten wir: es war nicht die Ausnahme, dass DarlehensnehmerInnen - auf ihren Antrag hin - mehr als zehn Jahre freigestellt wurden. Die Freistellungszeiträume sind zudem oftmals länger als ein Jahr.1)
BAföG-Darlehen sind innerhalb von 20 Jahren, gerechnet ab Rückzahlungsbeginn, zurückzuzahlen. Zeiten der Freistellung hemmen den Ablauf dieser Rückzahlungsfrist,2) sodass DarlehensnehmerInnen während der Inanspruchnahme der Freistellung keine Erhöhung ihrer monatlichen Rückzahlungsraten droht.3)
Der Antrag auf Freistellung wird (mit den erforderlichen Belegen) beim Bundesverwaltungsamt (BVA) gestellt (auch der Einkommensermittlungsbogen soll vollständig ausgefüllt werden). Maßgeblich ist nur das tatsächliche oder geschätzte Einkommen im Monat der Antragstellung. Die Angaben müssen (nach einer Gesetzesänderung 2019) nachgewiesen werden, was auch noch nachträglich erfolgen kann.
Letztlich entscheidend sind die Feststellungen in den Einkommensteuerbescheiden. Bei schwankendem Einkommen fordert das BVA nachträglich Steuerbescheide zur Überprüfung der gemachten Angaben an - oft auch noch Jahre nach dem jeweiligen Freistellungszeitraum.
Achtung: Solange das BVA keinen Freistellungsbescheid oder eine Mitteilung zugesandt hat, dass Mahnungen der Bundeskasse Halle als gegenstandslos betrachtet werden können, bleiben DarlehensnehmerInnen von Rechts wegen verpflichtet, die fälligen Raten weiterhin zu überweisen! Ansonsten droht die Gefahr von Mahngebühren oder gar Verzugszinsen! Vorsorglich überwiesene Raten können gegebenenfalls zurückgefordert werden, wenn dann per Bescheid die Freistellung von der Rückzahlungsverpflichtung (rückwirkend) bewilligt wurde.
Die Freistellung wird per Bescheid in der Regel für ein Jahr gewährt. Gegen den Freistellungsbescheid kann innerhalb eines Monates nach Zustellung Widerspruch erhoben werden.
Einkommenserhöhungen während des Freistellungszeitraumes müssen dem Bundesverwaltungsamt unverzüglich mitgeteilt werden, eine Verletzung dieser Pflicht kann vom BVA als Ordnungswidrigkeit nach § 14 Darlehensverordnung mit einem Bußgeld geahndet werden.
Falls für den Ehegatten und/oder ein Kind ein Schonbetrag angerechnet wurde, ist auch eine Einkommenserhöhung des Ehegatten bzw. des Kindes mitzuteilen. Ebenso sind auch alle anderen Änderungen der für die erfolgte Bewilligung einer Freistellung maßgeblichen Familien- und Einkommensverhältnisse dem BVA mitzuteilen.
Bei Einkommenserhöhungen, durch die die Summe des anrechenbaren Einkommens den persönlichen Freibetrag (inklusive aller gewährten Schonbeträge) übersteigt, wird der ergangene Bescheid durch das Bundesverwaltungsamt vom Beginn des Monats an geändert, in dem die Einkommenserhöhung eingetreten ist. Die Freistellung kann dann ganz oder teilweise wegfallen. Dies gilt auch für den Fall, dass eine andere ausschlaggebende Änderung der Familien- und Einkommensverhältnisse den persönlichen Freibetrag (durch Wegfall eines gewährten Schonbetrages) vermindert und so die Summe des anrechenbaren Einkommens den persönlichen Freibetrag übersteigt.
Ein Antrag auf Freistellung kann sich auch lohnen, wenn dein anrechenbares Einkommen über der Summe von 1.690 EUR (ggf. plus Schonbeträge) liegt. Das BVA reagiert mit nach unten abgestuften Raten, wenn das ermittelte Einkommen nur knapp über deinem Freibetrag liegt.
Beispiel: Sofern für dich nur der Freibetrag von 1.690 EUR gelten und dein anrechenbares Einkommen zur Zeit 1.750 EUR betragen würde, wäre deine monatliche Rückzahlungsrate auf 60 EUR festzusetzen.
Die Freistellung kann jederzeit während der Tilgung formlos beantragt werden. Sie wird seit 1991 gegebenenfalls auch rückwirkend für längstens vier Monate vor dem Antragsmonat gewährt. Wer in dieser Zeit vorsorglich Raten überwiesen hatte, bekommt sein Geld zurück. Nach Ablauf des Freistellungszeitraumes muss ein neuer Antrag gestellt werden, wenn eine weitere Freistellung erfolgen soll. Dies gilt auch, wenn sich an deinen Einkommensverhältnissen zwischenzeitlich nichts geändert hat.
Stand dieser (einzelnen) Seite: 12.09.2024